Weathered in

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Freitag, 17.6. bis Sonntag 19.6.2016

Am nächsten Tag war die Welt eine völlig andere: Die Wolken hingen bis zum Boden, es hat geregnet und war kalt. Schnell war klar, daß der Flieger von Homer nicht kommen würde – es war absolut keine Sicht. Und somit waren wir „weathered in“, vom Wetter an Ort und Stelle gefangen. Spannende Situation, oder?

Im ersten Moment war es toll – unerwartete Verlängerung im Bärencamp! Wir sind wieder raus, haben einen neuen Bären entdeckt, und einen Wolfskadaver am Strand. Allerdings konnte man nicht fotografieren, und es wurde zunehmend alles klatschnaß und kalt. Meine Kamera ist in dem strömenden Regen trotz Schutzhülle naß geworden (inzwischen wieder getrocknet), Jens Gummistiefel sind voll Wasser gelaufen.

Und dann mußte man auf einmal Zeit totschlagen – ich hatte nichts zum Lesen dabei, und hab Readers Digest von Linda erbettelt, und ein Buch über indische Weisheit von Jerry. Wir haben viele Stunden im Dinnerzelt verbracht und uns unterhalten. Ich hab versucht, amerikanische Kreuzworträtsel zu lösen. Man hat zunehmend mehr übereinander erfahren – wir waren tatsächlich richtig gute Freunde am Schluß! Stundenlang haben wir die nassen Sachen im Dinnerzelt getrocknet. Gelegentlich sind wir wieder raus zu den Bären. Und als der zweite Tag immer noch keine Wetterbesserung brachte, mußten wir unsere Pläne überdenken. Kriegen wir die Fähre noch? Kriegen die Etlings ihren Flieger nach Hause noch? Generell war die Stimmung trotz allem ziemlich gut, wenn auch die Sehnsucht, wieder mit dem normalen Leben weiter zu machen, immer größer wurde. Es waren zwei Tage, die wir weathered in waren aber es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Wir hatten Sorge, die Fähre am Montag nicht zu kriegen – dann hätten wir die ganze Fahrt zum Denali Highway nicht mehr geschafft.

Lance hat alle zwei Stunden mit der Basis in Homer telefoniert. Manchmal gab es ein kurzes Zeitfenster, in dem die Sicht gut war – aber dann war gerade Hochwasser, so daß der Strand nicht breit genug war. Oder der Wind in Homer war zu stark. Samstags Abend hat der Pilot die Sache abgeblasen, und da es nach Wetterbesserung aussah, wollte er Sonntag um 7 h kommen. Wir sind glücklich ins Bett gegangen, aber nachts hat es angefangen zu schütten und zu stürmen. Zum ersten Mal war mein Zelt undicht, es hat auf meinen Schlafsack getropft, und ich war ziemlich nah am Koller. Morgens absolut Null Sicht – keine Chance. Die Telefonate für Umbuchungen wurden gestartet. Jon und Jerry hatten am Abend vorher ein haarsträubendes Erlebnis mit drei Bären und einem Wolf gehabt – das haben wir lange besprochen und uns seine Bilder angeschaut. Dann haben wir angefangen Skat zu spielen. Jon und Don haben es sich von mir beibringen lassen, und plötzlich waren wir so beschäftigt, daß wir kaum gemerkt haben, wie das Wetter plötzlich umgeschlagen ist. Auf einmal kam Lance mit der Meldung, daß der Flieger in Homer gestartet ist, losgeflogen, tatsächlich in der Luft! „Okay, one last game, then we´ll pack!“

Und dann ging es plötzlich ganz schnell. Das Propellerflugzeug mit Brian, dem Pilot, kam angebrummt, und weil der Strand schon fast zu schmal zum Landen war, wegen der Flut, wurde minutenschnell ausgeladen, und schon waren wir reingehüpft, angeschnallt, und los! An einem dicken Balken mußte er noch haarsträubend vorbei, und dann waren wir in der Luft! Ab da war es „a piece of cake“, und schneller als man denken konnte war alles vorbei und wir wieder in der Zivilisation. „Good bye, good bye, I will send you an email!“ to Don and Jon and Linda.

An diesem Abend haben wir uns einen Edel-Campingplatz in Cooper Landing gegönnt, mit Waschmaschinen und Duschen und extrem schnellem Internet in der Lodge um die Ecke, Bier in der Bar und gegrilltem Lachs. War das schön!

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