Minus 24 Tage
28.3.2016
Inzwischen hab ich in Basecamp eine Route durch den Elmwinkel erstellt, und die bin ich heute morgen gelaufen. Tatsächlich, das Oregon GPS liegt wunderbar in der Hand und benimmt sich wie ein kluger kleiner Freund. Er zeigt mir genau, wo ich laufe, und – wichtig! – wo ich laufen wollte, er zeigt mir die winzigsten Waldwege, und alles was man vielleicht sonst noch wissen will – wie hoch man ist, wie lange und wie schnell man schon gelaufen ist, wie weit es noch ist bis zum Ziel, welche Himmelsrichtung usw.. Da er immer voll im Bilde ist, laufe ich querfeldein auf einem Pfad, der inzwischen von jungen Buchenschößlingen fast komplett überwuchert ist. Aber Oregon sagt mir, wie weit es ist bis zum nächsten Wirtschaftsweg, und so überlasse ich mich völlig dem Wald. Herrlich!
Ich sehe in den kleinen Pfützen immer noch keine Triops – nur Algenwatten. Ein Weißdorn blüht wie ein Schock. Oben im Wald hör ich plötzlich einen ganz eigenartigen Vogel rufen – einem Kranich ähnlich, aber es ist keiner. Ich bin kräftiger, und wandere in Gedanken in Neuseeland. Dabei ist der Wald um mich herum unendlich schön. Voller herrlicher umgestürzter Bäume. Einmal begegne ich einem Paar, das mich gar nicht anschaut. Haben sie grade Streit? Einmal einer Frau, die mir frohe Ostern wünscht. Ich empfinde das als übergriffig – ich glaube nicht an den gefolterten Jesus. Ich glaube an die Überwindung des Folterns. Und beschließe endlich konsequent zu sein und aus der Kirche auszutreten. Dann noch ein Paar, wo mich der Mann grüßt und die Frau betreten wegschaut, und eines, wo es genau umgekehrt ist. Das soll eine verstehen!
Ach und auf dem Heimweg sehe ich, daß die roten Streifen an den Bäumen nicht von Waldarbeitern kommen, sondern von irgendeinem Menschen mit Spraydose. Womöglich sogar einem Rechtextremen? Warum die Zahl 33? Zumindest einem Kindskopf, gemessen an der eminent wichtigen Botschaft am Spielplatz.
Zu Hause mache ich Feuer im Ofen, lege mich in die Hängematte mit Brot, Käse und Portwein, höre Vivaldi, und frage mich, warum ich eigentlich bis ans Ende der Welt fliegen will.