Denali – Abschiedswanderung

Ein neugieriges Eichhörnchen - chipmunk heißen sie hier, und sie benehmen sich genau wie unsere.

Ein neugieriges Eichhörnchen – chipmunk heißen sie hier, und sie benehmen sich genau wie unsere.

Sonntag, 27. Juni 2016

Liebe Freunde!

Der Denali-Nationalpark ist voller Superlative (größter, am meisten besuchter Park, höchster Berg in USA, nördlichster Nationalpark Amerikas usw.). Die highlights sind Grizzlys und Karibus. Aber um sie fotografieren können, und das aus der Ferne, muß man mit dem Parkbus 4 Stunden fahren, kann dann kleine Trails gehen, und fährt dann mit dem nächsten Parkbus wieder zurück. Das heißt man sitzt 8 Stunden im Auto für ein paar Highlight-Fotos.

Also hab ich mich entschieden, das einzigartige Ökosystem so zu erkunden, wie man das als Biologe halt macht, zu Fuß und allein. Ich wollte ohne Auto, ohne pädagogische Ranger, ohne andere Touristen, und ja, auch ohne Jens, unterwegs sein. Es ist eine Wanderung von 9 Stunden geworden, von morgens halb acht bis abends halb fünf. Es war wunderbar. Ich konnte vollkommen meinem eigenen Rhythmus folgen, meinen inneren Dialog hören, und jedes kleinste Detail genießen. Eine Meditationswanderung.

Sehr gut auch als innerer Abschied von dieser gigantischen Reisezeit. Begonnen hatte sie mit der Wanderung in Neuseeland, am südlichsten Punkt, und endet nun am nördlichsten Punkt wiederum mit einer Wanderung.

Der Tag war ganz frisch und strahlend sonnig, morgens um halb acht, und ich plötzlich total allein, als es plötzlich neben mir im Gebüsch wahnsinnig kracht. Keine zwei Meter weg, praktisch direkt über mir, war eine Elchkuh mit Frühstück beschäftigt. Genüßlich hat sie die Blätter von den Bäumen gerupft und lautstark zermalmt. Ich hab einen riesigen Satz zur Seite gemacht, das innere Gefahren-Szenario lief blitzartig ab (die gefährlichsten Tiere im Park sind Elchkühe, mit Sicherheit stand hinter ihr das Kälbchen), aber dann war klar, daß ich ihr vollkommen egal bin. Sie hat das Kauen nicht eine Zehntelsekunde unterbrochen. Trotzdem war ich etwas nervös und hab nur schnell zwei Gegenlicht-Aufnahmen hingekriegt.

Weiter in die Morgensonne, zum Horseshoe Lake Trail. Als es jedoch in den dichten Wald ging, war dort ein dickes Schild mit Bärenwarnung. Na ja, und ich allein und ohne Bärenspray. Im Kopf noch das Ereignis in Katmai, das wir Euch dann life erzählen können. Also bin ich zurück zum Visitor Center und hab mir erstmal Bärenspray besorgt (für 45 Dollars!!!). Das erste, was die Verkäuferin gesagt hat: „You will need it! Bears have been running around in this park area and some trails will be closed!“ Details dazu haben wir heute erfahren. Sie hat dann noch gecheckt, ob meine geplante Wanderung sicher war, und los ging`s. Auf diesem Hintergrund schaut man sich im Wald doch völlig anders um!

Der erste Trail (Horseshoe Lake Trail) ging entlang des Nenana River und zu einem kleinen See, der von Bibern komplett umgebaut worden ist. Dort hab ich stundenlang eine Elchkuh beobachten können, die mitten im See gegrast hat, während ihr Kälbchen sicher hinter ihr im Wald deponiert war. Anschließend hab ich einen zweiten Trail gemacht, Mount Healy Overview Trail. Er ging etwa 500 Höhenmeter hoch und war eine richtige Bergtour mit Gipfelglück und herrlicher Aussicht oben.

Liebe Freunde, nun muß ich Euch allen, die ihr vielleicht ab und zu oder auch häufiger in den Blog geschaut habt, etwas sagen. Es hat mir unglaublich viel Freude gemacht, Euch zu berichten. Ich hab Euch immer innerlich mitgenommen, selbst wenn ihr genau diesen Post vielleicht gar nicht gelesen habt, und das war ein herrliches Gefühl. Gern hätte ich noch viel, viel mehr erzählt, auch viel mehr Emotionen und Persönliches mit Euch geteilt. Aber das geht ja in einem prinzipiell öffentlichen Blog nicht. Ich hatte schon erwogen, kleine geschützte Ecken einzurichten.

Jedes Feedback hab ich natürlich gierig aufgenommen, egal ob öffentlich oder per email, und hätte mir viel, viel mehr davon gewünscht. Aber ich weiß schon, wenn man im „richtigen“ Leben steckt, ist das alles furchtbar weit weg, und man hat sehr wenig Zeit. Man hat vielleicht auch wenig Bezug zu all dem. Aber ich hab ja feedback bekommen, und jedes einzelne war toll. Allen meinen Lesern, den realen, und auch den virtuellen, danke ich aus tiefstem Herzen. Ich bin echt glücklich, daß es Euch gibt!

Ach ja, was ich fast vergessen hätte: Ich hab tatsächlich Heimweh! Ich freu mich wahnsinnig auf zu Hause! Auf ALLES, Arbeit, Freunde, Familie, Orchester – NICHT in dieser Reihenfolge, sondern auf alles gleich stark! Könnte also sein, daß Irene endlich mal (vorübergehend) genug Abenteuer erlebt hat. 🙂

PS. Noch ist der Blog nicht geschlossen. Wenn ich Zeit finde, will ich noch alle möglichen Lücken schließen. Heute zum Beispiel regnet es – aber wir fahren gleich erstmal nach Willow, 150 Meilen von hier. Mal sehen wie es dort mit dem WiFi ausschaut!

7 Comments

  1. Wolfgang

    Liebe Irene,
    ich habe ALLES, wirklich alles mit Begeisterung gelesen, auch wenn jetzt nicht täglich ein Feedback kam. Das liegt, wie könnte es anders sein, am Wahlkampf, der hier schon tobt….
    Äh, von welchem Planeten schreibst Du eigentlich? Sonntag, 27.Juni? Haben die Elche in Alaska einen anderen Kalender oder bist Du nach wochenlangem Reisen kalendarisch völlig ohne Plan?
    Liebe Grüße
    Wolfgang

    • irene

      Lieber Wolfgang, wir haben hier ein anderes Datum, einen Tag früher. Und in Neuseeland war es ein Tag später. Auf dem Schiff sind wir ständig über die Datumsgrenze gefahren – deshalb wurde das Datum qua order de Kapitän konstant gehalten und ganz am Schluß auf Alaska geändert. Da hatten wir dann den Dienstag zweimal – Begeisterung bei der Wissenschaft, lange Gesichter (aber nur im Spaß) bei der Crew. Fang viele viele Stimmen im Wahlkampf! Irene kurz vor dem Heimflug

      • Wolfgang

        Ok, ich lerne gerne dazu. Dass man ein Datum zweimal haben kann, kann mein Hirn noch verstehen. Aber dass der 27. Juni (egal welcher) bei Dir ein Sonntag und bei uns ein Montag sein soll – das kapier ich nicht. Das klären wir sicher beim nächsten Treffen, wenn Du uns endlich die Bärengeschichte erzählst 🙂
        Wolfgang

        • irene

          Haha! Ich kann Euch doch nicht alles im Blog erzählen! Freu mich auch auf das nächste Treffen! Und liebe Grüße an Bärbel. Irene 🙂

  2. Manfred Weiß

    Hallo Irene Huhu,
    Sei ruhig ein wenig wehmütig und freue Dich auf zuhause.
    Voll beladen den Dampfer mit Geschenken, die das Leben und du dir selbst gemacht haben.
    Es war mir ein Vergnügen
    Danke
    Herrmannchen

  3. Rosi Brauns

    Hallo Irene,
    ich habe deinen Blog ständig verfolgt und wie einen Krimi gelesen und aufgesaugt. Nun stellt sich fast ein bischen Wehmut ein, dass diese gigantische Abenteuerreise zu Ende geht. Ich freue mich auf weitere Berichte und Fotos und wünsche dir und Jens eine gute Heimreise.
    Zu Hause ist es auch schön und nach dieser Flut von Eindrücken werdet ihr es wieder richtig genießen!
    Alles Gute wünscht euch Rosi

    • irene

      Hallo Rosi,
      na so was! Herrlich!
      Heute fliegen wir zurück. Die Packerei war eine Qual und hat zwei Stunden gedauert und wir haben zwei statt einem zusätzlichen Gepäckstück. Aber das muß drin sein!
      Liebe Grüße, Irene

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