Barkbay Hut

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Barkbay Hut, Neuseeland

25.4.2016 um 4.15 h

Draußen ist es mondhell, mäuschenstill, und in der Barkbay Bucht schlagen die Wellen an den Strand, es ist Hochwasser. Gestern um 18.15 h bin ich hier eingetrudelt, nach 5 h Wanderung (und 3 h Paddeln). Es wurde gerade ernsthaft dunkel, Sonnenuntergang ist 17.45 h!

Aber der Reihe nach:

Stand also um 5 h auf, saß ab halb sieben wie abgemacht vor der Haustür, und tatsächlich! Schlag 7 h kommt ein Transporter, raus hüpft ein schlaksiger junger Mann in Gummistiefeln, schaut sich kurz um, strahlt mich an: „Irene? Yeah!!!! I am Brad!“ und ist in breitem Kiwi-Englisch begeistert! Wir sammeln auf dem Weg nach Marahau noch 7 weitere Touristen ein, alles junge Mädchen. Die Küstenstraße in Korsika ist eine Autobahn im Vergleich zur Straße nach Marahau – nur enge Kurven, rauf und runter. Im Büro bezahle ich 279 $ für die beiden Paddeltouren. Dann stehen wir fröstelnd auf der Wiese, kriegen Spritzdecken, Paddeljacken und Rettungswesten, und fahren zu den Booten am Strand. Zu mir wird Henrietta ins Boot gesetzt, sie ist deutsch und sehr zierlich. Ich sitze vorn und haue rein.

Inzwischen ist strahlender Sonnenschein, schon muß der Fleecepullover weg. Das Meer liegt herrlich glitzernd da. Ich kriege geschimpft, weil wir zu weit voraus gefahren sind. Der Wind briest auf, und Brad zieht ein großes Segel raus! Wir bilden aus den vier Kajaks ein Floß, die beiden äußeren Paddler halten das Segel fest, und dann fahren wir mit Windkraft ziemlich mühelos weiter! Vor Adele Island geht es in einen kleinen Kanal, und Henrietta kann auf einmal nicht mehr lenken. Die Wellen drehen uns quer und wir landen auf einer Sandbank. Ich ziehe uns raus. Brad erklärt, daß sich das Boot nur lenken läßt, wenn man ordentlich Fahrt hat. Und wir haben in den Wellen die Kontrolle verloren. Er schiebt uns wieder rein, jetzt klappt es. Aus dem Kanal raus paddle ich mit aller Kraft, jetzt sind wir super.

Nach der nächsten Felsspitze wird der Wind ruhiger, und dann kommt eine total ruhige Bucht, Appletree Bay. Es werden jede Menge Fotos gemacht. Wir sind wieder lustig. Und halten dann auf die nächste Bucht zu. Brad macht Kaffee, Cappuchino und Tee und lustige Sprüche. Die beiden kleinen Chinesinnen sind ziemlich gebeutelt, eine war seekrank und hat 4x gespuckt!

Am Ufer sind schwarze Strandkraniche (beach herons), die sich gar nicht stören lassen, und die Möven haben sehr wichtige Rangkämpfe auszutragen. Ich mache Fotos um das Unglaubliche zu dokumentieren: Hier bin ich und paddle in strahlendem Sonnenschein die Abel Tasman Coast. Dann nur noch ein winziges Stückchen, und wir kommen in Watering Cove an. Die Boote werden aufgeräumt. Brad sagt mir, ich hätte mit ungefähr 5 horse powers gepaddelt – 5 Pferdestärken? Das kommt mir ein bisschen viel vor. Dann muß ich noch auf das Water Taxi mit meinem Rucksack warten. Den schnappe ich mir dann, und los geht´s den Hügel hoch (so gegen 13 h).

Ein bisschen besorgt bin ich schon, ob ich es bis Bark Bay schaffe? 4 h 40 min ist die Ansage, also würde ich planmäßig genau bei Sonnenuntergang ankommen.

Der Weg ist ein Traum. Am Anfang in Gluthitze, rechts glitzernde Buchten. Bald taucht er ein in den Wald, den Urwald. Baumfarne strecken perfekte Wedel in die Sonne. Abgründe gehen in unsichtbare Tiefen. Bäche gluckern tief unten. Und die Vögel – ganz andere Rufe als bei uns. Sehr melodiös, auch Dialoge, und eine Art Papagei.

Ach ja, die Mädels haben mich übrigens ausgefragt, und selbst die waren irritiert, daß ich allein wandere. „You are brave!“ und ich: „Why? Bears and wolves?“ Die beiden Chinesinnen wollen auch zum Barkbay Camp, aber wir treffen uns erst gegen Ende ab und zu. Sie telefonieren pausenlos mit irgendwem.

Nach einiger Zeit habe ich einen guten Rhythmus gefunden. In Torrent Bay mache ich eine große Pause und esse 200 g Datteln und trinke Tee. Am Anfang hätte ich am liebsten pausenlos 360° Rundum-Fotos gemacht. Später konzentriere ich mich dann bei zunehmender Dunkelheit mehr auf den Weg. Vor Torrent Bay begegnete mir ein Strom von Wanderern, so daß ich schon keine Lust mehr hatte, „Hi!“ zu sagen. Aber jetzt bin ich endlich allein. Noch 2 ½ Stunden durch den Märchenwald. Und als ich in Barkbay Hut ankomme, bin ich doch total geschafft.

Ich schaffe es gerade noch, den Schlafsack auszurollen und eine Suppe zu kochen, und um 20 h schlafe ich wie ein Murmeltier. Irgendwann stürzt die wilde Jagd ins Matrazenlager, es sind Familien mit Kindern in der Hütte. Neben mir liegen zwei goldige kleine Mädchen, die sich vor Kicherigkeit nicht einkriegen können. Die Mutter versucht es mit Rücksichtnahme auf die foreign old lady: „You have to be quiet now, look she sleeps already!“ Da mache ich die Augen auf und wie immer alle elterliche Pädagogik zunichte: “It´s okay, no problem!“ Dann ändert sie vielleicht die Taktik, im Halbschlaf höre ich sie sagen: „She can growl!“ und ich, immer im Halbschlaf, sage „I can bite!“. Daraufhin explodiert das Gekicher total, die Kicherwogen überschlagen sich und sind einfach nicht mehr zu kontrollieren. Ich finde es herrlich und schlafe glücklich weiter.

One Comment

  1. Jens von den Eichen

    War ja ein ganz schönes Abenteuer!! Gut, dass Du soviel Power (und Humor) hast. Old Lady mit den kichernden Kids, klingt wie die Souveränität von Grand Ma
    Dein J

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